Stadtwerke und Wertschöpfungsketten | Wie sich die EU-Nachhaltigkeitsrichtlinien auf Energieversorger auswirken

Hinweis: Dieser Artikel wurde ursprünglich am 07. Juni 2022 auf Medium publiziert. Möglicherweise hat sich die Rechtslage für Stadtwerke seitdem geändert.

Im Februar 2022 schlug die Europäische Kommission neue Leitlinien vor, die von haftungspflichtigen Unternehmen verlangen, die Nachhaltigkeit und Fairness ihrer Wertschöpfungsketten sicherzustellen. Diese Richtlinien der Corporate Sustainability Due Diligence wartet nun auf die Verabschiedung durch das Europäische Parlament und den Rat.

Nach der Zulassung haben betroffene Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern und einem weltweiten Jahresumsatz von mehr als 40 Millionen Euro zwei Jahre Zeit, um ihre Wertschöpfungsketten den neuen Nachhaltigkeitsstandards anzupassen. Nach Angaben der deutschen Gruppe THÜGA, der mehr als 100 Stadtwerke angehören, sind auch viele Stadtwerke von diesen neuen Standards betroffen.

Wie in einem früheren QLab-Artikel erörtert, verfügen viele deutsche Stadtwerke nicht über das Wissen oder die Kapazität, um effektiv mit solchen neuen Nachhaltigkeitsanforderungen umzugehen. Dieser Artikel informiert Stakeholder über die wahrscheinlich kommenden verbindlichen Anforderungen der EU-Wertschöpfungskettengesetze und erörtert, wie sich Stadtwerke darauf vorbereiten können.

Warum öffentliche Energieversorger wichtige Akteure der Energiewende sind
In Deutschland wird Energie über die Netze der Stadtwerke verteilt. Während kleinere Stadtwerke den gesetzlich festgelegten Energiemix hauptsächlich über die Europäische Energiebörse in Leipzig (DE) von den Erzeugern kaufen, stellen die Stadtwerke der größeren Städte das Netz nur für Energie zur Verfügung, die direkt von verschiedenen Erzeugern stammt.

Lesen Sie mehrWie Stadtwerke die Energiewende vorantreiben können und was sie daran hindert, ihr volles Potenzial zu realisieren.

Die EU-Richtlinie zur unternehmerischen Nachhaltigkeits-Sorgfalt

Die EU-Kommission konkretisiert ihre gesetzlichen Forderungen wie folgt: „Um ihre Sorgfaltspflicht erfüllen zu können, müssen Unternehmen:

  • die Sorgfaltspflicht zum integralen Bestandteil ihrer Unternehmenspolitik machen,
  • tatsächliche oder potenzielle negative Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt ermitteln,
  • potenzielle Auswirkungen verhindern oder abschwächen,
  • tatsächliche Auswirkungen abstellen oder sie auf ein Minimum reduzieren,
  • ein Beschwerdeverfahren einrichten,
  • die Wirksamkeit der Strategien und Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht kontrollieren und
  • öffentlich über die Wahrnehmung ihrer Sorgfaltspflicht kommunizieren.“

Darüber hinaus legt die EU-Kommission fest, wie Verstöße gegen die oben genannten Anforderungen erkannt und geahndet werden können:

  • Durchsetzung: Richtlinien sind von nationalen Behörden durchzusetzen, die bei Verstößen gegen die oben genannten Richtlinien finanzielle Sanktionen verhängen können.
  • Opferrechte: Bei Verstößen können Opfer gerichtliche Schritte gegen das verantwortliche Unternehmen einleiten.
  • Verantwortung des Managements: Geschäftsführende müssen nicht nur im besten Interesse ihres Unternehmens handeln, sondern auch im besten Interesse der Menschenrechte, des Klimawandels und der Umwelt entscheiden.

Wie sollten sich Stadtwerke vorbereiten?

Die deutsche Stadtwerke-Gruppe THÜGA erkennt diese kommenden Forderungen an. Die Gruppe will als Drehscheibe für andere Stadtwerke fungieren, das Fachwissen von LieferkettenexpertInnen bündeln und möchte mittelfristig Bildungszertifikate für Interessengruppen bereitstellen. Um Stadtwerke auf die EU-Richtlinien vorzubereiten, schlägt THÜGA Folgendes vor:

  • Nachhaltigkeitsstandards: Auf der Grundlage bereits bestehender internationaler Taxonomien, wie sie beispielsweise von der OECD und der ILO bereitgestellt werden, sollten Stadtwerke ihre Nachhaltigkeitsstandards klar und transparent definieren.
  • Neue Verträge: Alle neuen Vereinbarungen mit Lieferanten und anderen Partnerunternehmen sollten diese Nachhaltigkeitsstandards enthalten. Diese Standards sollten auch definieren, wer für die Gewährleistung von Menschenrechts- und Umweltfragen verantwortlich ist.
  • Risikobewertung: Stadtwerke sollten gründliche Risikobewertungen in Bezug auf Menschenrechte und die Umweltauswirkungen aller Prozesse und Waren durchführen. THÜGA schlägt vor, solche Risikobewertungen „zumindest für unmittelbare Lieferketten“ durchzuführen.
  • BeschwerdeaufsichtTHÜGA will die Möglichkeit schaffen, Hinweise auf Verstöße gegen die Standards für nachhaltige Lieferketten entgegennehmen und darauf reagieren zu können, um Fälle der Nichteinhaltung sichtbar zu machen.
  • Kommunikation: Alle Auftragnehmenden sollte über die Nachhaltigkeitsstandards und das Beschwerdeaufsichtssystem informiert werden.
  • Kundeninteressen wertschätzen: Laut THÜGA wünschen sich die meisten Kunden nachhaltige, gerechte Energie, wenn sie bezahlbar ist. Stadtwerke, die für ihre Nähe zu ihren Kunden bekannt sind, sind dafür verantwortlich, Energie aus angemessener Quelle bereitzustellen, um sicherzustellen, dass sie das Vertrauen ihrer Kunden nicht verlieren.

Take-away und Ausblick

Mit der Energiewende stehen europäische Stadtwerke vor großen Herausforderungen. Es entstehen jedoch Wissensnetzwerke, die Orientierung bieten und Stadtwerken dabei helfen, sie zu erkennen und praktische Lösungen zu finden.

Das QLab ist einer dieser Experten. Kürzlich haben wir ein Beratungsprojekt mit einem deutschen Stadtwerk abgeschlossen. Wir werden die Ergebnisse zeitnah auf der QLab-Website und auf LinkedIn veröffentlichen. Folge uns, um sie zuerst zu sehen!

In den folgenden Artikeln gehen wir tiefer auf Fragen rund um das Potenzial von Stadtwerken ein. Abonniere unsere Medium-Publikation, um nie die neuesten QLab-Einblicke zu verpassen!

Finn Faust, Webdesign & Research at QLab Think Tank GmbH

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